Ist die Privatisierung der Weisheit letzter Schluß?

Irgendwie ist es schon verwunderlich auf was für interessante Ideen der Bundeswirtschaftsminister während der Weihnachtszeit kommt. Die besinnlichen Tage scheinen ja für Geistesblitze wie geschaffen zu sein. Man gewinnt den Eindruck, daß Politik heutzutage bedeutet etwas in den Raum zu werfen und dann zu hoffen, daß jemand daran gefallen findet und Beifall klatscht. Vor der Beurteilung der Privatisierungsidee sollte man sich zuerst einmal die Auswirkungen der möglichen Privatisierungen überlegen. Grundsätzlich klingt es schließlich recht gut wenn sich der Staat aus der Wirtschaft heraushält. Da in den letzten Jahren jedoch bereits viele Staatsunternehmen privatisiert wurden, stehen hier nicht mehr so viele Unternehmen zur Auswahl.


Zur Privatisierung stehen neben Anteilen an der Deutschen Telekom AG und der Deutschen Post AG auch Beteiligungen an Flughäfen, die Deutsche Flugsicherung, Immobilien und verschiedene Flughafenbeteiligungen zur Verfügung. Der Verkauf der recht großen Aktienpakete an der Deutschen Telekom AG und an der Deutschen Post AG würden im derzeitigen Börsenumfeld unweigerlich größere Kursstürze verursachen, durch die man nur einen Teil das aktuellen Aktienwerts realisieren könnte. Zu den zu vergoldenden Flughafenbeteiligungen gehört auch der Bundesanteil am neuen Berliner Flughafen (BER), der dank der zahlreichen Baumängel eher unverkäuflich ist. Die Deutsche Flugsicherung führt eine sehr wichtige Funktion der Verkehrssicherung aus, die man nicht dem Gewinnstreben unterwerfen sollte. Ein Verkauf ist daher eher wenig sinnvoll. Der Verkauf der Deutschen Bahn AG wurde von Politikern bereits schon einmal vorangetrieben. An den damals vollzogenen Einsparungen leidet die Deutsche Bahn AG noch heute. Wenn man die bisherigen Privatisierungen betrachtet, dann merkt man, daß da immer wieder negative Auswirkungen entstanden, wie bei der Privatisierung der Bundesdruckerei und der Privatisierung des Schienennetzes in anderen Staaten. Wegen der Gewinnorientierung der privaten Unternehmen wird immer wieder auch an den nötigen Investitionen gespart, was in den betroffenen Staaten wiederum zu Unfällen führte. Eine solche Privatisierung erfordert daher genaue gesetzliche Vorgaben und eine regelmäßige Überprüfung oder Kontrolle der sicherheitsrelevanten Bereiche. Schwere Strafen müßten zudem für die Einhaltung dieser Vorschriften sorgen. Gerade Bereiche der Grundversorgung wie z.B. der Wasserversorgung und auch der Schienenverkehr sollten daher von einer Privatisierung ausgenommen werden.


Wie so häufig scheinen sich Politiker nicht bewußt zu sein, was die Auswirkungen von ihrem Handeln sind. Vielleicht liegt der Grund dieses recht unausgegorenen Vorschlags auch darin, daß es sich beim Bundeswirtschaftsminister um einen ausgebildeten Augenarzt handelt, der kein wirtschaftlichsrelevantes Studium vorweisen kann. Für eine überstürzte Privatisierung besteht im Moment überhaupt kein Grund, zumal in der derzeitigen Wirtschaftskrise auch die Verkaufserlöse im Vergleich zu normalen Wirtschaftszeiten viel geringer ausfallen würden. In einer Wirtschaftskrise verkauft man schließlich nur wenn man dazu gezwungen ist. Als Parteivorsitzender einer Partei, die in drei Wochen wieder in den Landtag von Niedersachsen einziehen möchte, sollte man keine so unnützen Vorschläge machen. Zumindest gewinnt man den Eindruck, daß sich sich hier ein Parteivorsitzender um jeden Preis profilieren möchte.
Ein weiterer Vorschlag des Bundeswirtschaftsminsiters ist eine weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarkts in den Bereichen Zeitarbeit und befristete Arbeitsverhältnisse. Das die letzte Lockerung der Regeln zur Zeitarbeit gerade zu den derzeit vorherrschenden prekären Arbeitsverhältnissen geführt hat scheint ihm dabei entgangen zu sein. Mit solchen Vorschlägen braucht sich seine Partei keine Gedanken zur 5 Prozenthürde zu machen, denn die wird durch eine solche verfehlte Positionierung zu recht in sehr weite Ferne rücken.